Warum wir Zucker im Eis brauchen

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Wenn wir von Zucker sprechen, denken wir in der Regel an den raffinierten Haushaltszucker aus dem Supermarkt. Schließlich ist er die günstigste und einfachste Art, einer Speise etwas Süße zu verleihen. Doch gerade bei der Eisherstellung brauchen wir Zucker auch in anderen Varianten.

Die Rolle von Zucker im Eis

Natürlich sorgt Zucker in unserem Eis für die nötige Süße. Doch er hat eine noch wichtigere Funktion: er senkt den Gefrierpunkt der Eismasse! Durch diese Gefrierpunktserniedrigung können wir also grob steuern wie hart oder weich die Eismasse später im Tiefkühlfach wird. Zucker ist somit ein wichtiger Faktor in unserem selbstgemachten Eis.

Die Frage nach der Menge lässt sich nicht so einfach beantworten. Dazu müssen wir die unterschiedlichen Zuckerquellen und Süßungsmittel genauer unter die Lupe nehmen. Dabei stellen wir schnell fest, dass auch Milch oder die Früchte im Eis als Zuckerquellen dienen. Die Milch enthält Lactose und die Früchte enthalten Fructose, die wir bei unserer Bilanzierung berücksichtigen müssen. Doch es gibt noch mehr Zuckervarianten:

  • Dextrose (D-Glucose)
  • Invertzucker
  • Glukose
  • Maltodextrin
  • Xylit
  • Erythrit

Aber seid vorsichtig: jede dieser Zutaten unterscheidet sich in ihren Eigenschaften vom Haushaltszucker!

Zucker ist nicht gleich Zucker

Unser Geschmackssinn wird seit der Kindheit vom Haushaltszucker geprägt. Essen wir etwas süßes, so haben wir unbewusste Erwartungen an den Geschmack und die Intensität der Süße. Dasselbe gilt natürlich auch beim Eis. Wenn wir aber Haushaltszucker mit anderen Zuckerarten mischen, so verändern wir die Süße unserer Eismasse. Einige Süßstoffe sind nämlich süßer und andere sind nicht so süß. Dazu kommt, dass jede Zuckerart den Gefrierpunkt unterschiedlich stark senkt. Daher ist es wichtig, dass wir uns einen Überblick über die Eigenschaften verschaffen. Zumindest für die Zuckerarten, die wir als Hobby-Gelatiers verwenden.

ZuckerartSüßkraftGefrierpunkts-erniedrigung
Saccharose (Haushaltszucker)100%100%
Dextrose (D-Glucose)60-75%190%
Lactose25-60%100%
Fructose100-180%190%
Xylit100%225%
Erythrit70%280%
Süßkraft und Gefrierpunktserniedrigung von Süßstoffen im Vergleich zu Saccharose

Wissenschaftler haben festgestellt, dass die relative Süßkraft einiger Stoffe mit ihrer Konzentration zunimmt. In der Tabelle sehen wir diesen Effekt bei Dextrose, Lactose und Fructose.

Der Vergleich hilft uns nun, die Eismasse durch Mischen von Süßstoffen zu verbessern. Zum Beispiel können wir einen Teil der Saccharose durch die doppelte Menge an Dextrose ersetzen. Die Süße der Masse bleibt nahezu gleich und wir erhalten ganz einfach mehr Trockenmasse in unserer Mischung. Doch wir müssen mit Vorsicht mischen. Sonst besteht die Gefahr, dass wir unser Eis zu weich machen und es dann nicht mehr richtig durchfreieren kann.

Der Gefrierpunkt sinkt immer weiter

Nehmen wir zu viel Süßstoffe für unser Eis, so wird der Gefrierpunkt zu stark gesenkt. Wir kommen damit zwar nur schwer unter -20°C, aber das müssen wir auch nicht. Die Gefrierpunkterniedrigung wirkt sich bereits vorher negativ auf die Eismasse aus. Um das zu verstehen müssen wir uns den Prozess des Gefrierens genauer ansehen.

Neben Zucker senken auch alle anderen Trockensubstanzen den Gefrierpunkt. Doch der Gefrierpunkt gibt nur an, ab wann sich Eiskristalle bilden. Diese Eiskristalle entstehen, wenn Wasser anfängt zu gefrieren. Doch sie binden keine Trockenmasse. Also erhöht sich die Konzentration der Trockenmasse in dem noch flüssigen Teil der Eismasse. Sie wird aufkonzentriert. Dadurch haben wir im Restwasser eine noch stärkere Gefrierpunktserniedrigung.

Zu viel Zucker bringt das Eis um

Und warum bringt das die Eismasse um? Die Eismaschine rührt die Eismasse und kühlt sie stetig runter. Je stärker unsere Gefrierpunktserniedrigung zu Beginn ist, umso stärker wirkt sie sich beim Gefrieren der Eismasse am Ende aus. Die Eismasse bildet also zu einem ähnlichen Zeitpunkt erste Eiskristalle, die aber viel länger durch die Eismaschine gedreht werden. Dabei werden sie immer weiter abgeschliffen, bis sie glatt und fein sind. Ist dieser Punkt erreicht, kann das Eis die Luft nicht mehr halten und verliert den Overrun. Falls ihr nicht schnell genug reagiert, habt ihr als Folge sehr bröseliges Eis, das einem cremigen Traum Jahre entfernt scheint oder ihr bekommt wieder den obligatorischen Eisklotz zum Durchsägen. Wie genau sich der Gefrierpunkt mit der Zeit in der Eismaschine entwickelt, seht ihr in der Tabelle weiter unten.

Exkurs: Wie berechne ich den Gefrierpunkt?

Die Kennzahlen

Gut zu wissen, dass Zucker den Gefrierpunkt der Eismasse senkt. Doch wir können die tatsächlichen Werte auch berechnen. Das geht ganz einfach und wir brauchen dazu lediglich vier Kennzahlen. Einige davon müssen wir für unsere Eismasse selbst berechnen und andere können wir einfach im Netz recherchieren:

KennzahlBemerkung
Menge des Süßungsmittels s in Grammsteht in unserem Rezept oder muss noch aus den Zutaten berechnet werden
Menge Wasser w in kgmuss aus den Zutaten berechnet werden
Kryoskopische Konstante E von Wasser-1,86°C*mol/kg. Diese Konstante gibt an, wie sich der Gefrierpunkt verringert, wenn 1 mol eines Stoffes in 1 kg Wasser gelöst wird
molare Masse M des Süßungsmittels in g/molDie Menge des Süßstoffes in Gramm müssen wir in Mol umrechnen. Dazu brauchen wir diesen Wert, den wir mithilfe von Google schnell finden.
Notwendige Kennzahlen zur Berechnung der Gefrierpunktserniedrigung einer wässrigen Süßstofflösung.

Die Formel

Kennen wir diese vier Werte, so können wir mit dieser einfachen Formel die Gefrierpunktserniedrigung berechnen:

t = E * (s/M)/w

In einem Liter Eismasse mit 200g Zucker und 63% Wasser (0,63 kg) ergeben sich für unsere Süßstoffe folgende Werte.

ZuckerartMolare Masse (g/mol)Auswirkung in ° C
Saccharose342,29-1,72
Dextrose180,16-3,27
Lactose342,29-1,72
Fructose180,16-3,27
Xylit152,15-3,88
Erythrit122,12-4,83
Vergleich der molaren Masse und der Gefrierpunktserniedrigung verschiedener Süßungsmittel bei einer Lösung von 630ml Wasser zu 200g Süßungsmittel

Jetzt kennen wir die Gefrierpunktserniedrigung der einzelnen Süßungsmittel und können uns ihre Entwicklung in der Eismaschine ansehen. Dafür wenden wir die Formel von oben an.

Zuckerart30ml100ml
Saccharose-1,72-10,86
Dextrose-3,27-20,63
Lactose-1,72-10,86
Fructose-3,27-20,63
Xylit-3,88-24,42
Erythrit-4,83-30,43
Vergleich der Gefrierpunktserniedrigung verschiedener Süßungsmittel bei einer Lösung von 100ml Wasser zu 200g Süßungsmittel im Vergleich zu einer Lösung mit 630ml.

Nehmt ihr also nur Saccharose, so frieren die letzten 100ml Wasser in eurer Eismasse ab einer Temperatur von etwa -11°C. Nehmt ihr dagegen nur Erythrit, passiert das erst unter -30°C! Die Eismaschine wird also Mühe haben, diese Eismasse irgendwann halbwegs fest zu bekommen und die Gefahr für verbranntes Eis steigt.

Fazit

Wir wissen nun, dass Zucker sehr wichtig für die Struktur im Eis ist. Haben wir zu viel davon, verbrennt das Eis, da es zu lange in der Eismaschine rührt. Haben wir hingegen zu wenig davon, so wird das Eis später im TK zu fest. Wir selbst sind bisher sehr gut mit Xylit von Xucker in unserem Eis gefahren. Die Eismasse nimmt damit genug Luft auf und das fertige Eis ist auch nach dem Durchfrieren bei -20°C im TK noch gut portionierbar.

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